Thomas L. Kemmerich tritt als Thüringer Ministerpräsident zurück

Jetzt ging es doch ganz schnell: Der am Mittwoch vom Landtag zum Ministerpräsidenten gewählte FDP-Fraktions- und Parteichef Thomas L. Kemmerich hat am Samstagnachmittag seinen sofortigen Rücktritt vom Amt des Regierungschefsverkündet.
15:11 Uhr schrieb er auf Twitter:
„Ich habe soeben meinen Rücktritt als Ministerpräsident des Freistaats Thüringen mit sofortiger Wirkung erklärt. Sämtliche aus dem Amt des Ministerpräsidenten und des geschäftsführenden Ministerpräsidenten entstehenden Bezüge werde ich an die Staatskasse zurückgeben.“

Was bedeutet das konkret für Thüringen?


Auch nach seinem eingereichten Rücktritt bleibt Kemmerich geschäftsführend im Amt, bis ein neuer Regierungschef gewählt wurde. Der erste Schritt nach dem Rücktritt wird höchstwahrscheinlich die Wahl eines neuen Ministerpräsidenten sein. Dies ist möglicherweise schon in der ersten Landtagssitzung nach dem Rücktritt der Fall.

Diese Ministerpräsidentenwahl läuft dabei genauso ab wie die erste am Mittwoch, 05.02.2020: in den ersten zwei Wahlgängen ist die absolute Mehrheit der Mitglieder für einen Kandidaten notwendig (46 von 90 Stimmen). In einem dritten Wahlgang würde der Kandidat mit den meisten Stimmen Ministerpräsident werden.

Große Koalition fordert Neuwahlen


Dieser Rücktritt könnte möglicherweise Folgen haben, die alle Thüringer unmittelbar betreffen: Laut einem Beschlusspapier des heute im Kanzleramt stattfindenden Koalitionsausschusses der Großen Koalition fordern die Spitzen von SPD, CDU und CSU Neuwahlen. Außerdem solle schnellstmöglich ein neuer Ministerpräsident gewählt werden, um die weitere Politik in Thüringen zu legitimisieren.
Eine Zusammenarbeit mit der AfD schlössen die Parteien demnach auch aus.

Linke, SPD und Grüne sehen eine neurige Ministerpräsidentenwahl nur unter einer bestimmten Voraussetzung: Sie wollen Bodo Ramelow (Linke) nur dann noch einmal im Landtag zur Wahl des Ministerpräsidenten aufstellen, wenn sie vorab durch Zusagen aus anderen Fraktionen eine absolute Mehrheit gesichert haben. "Wenn wir nicht vorher wissen, dass Ramelow eine Mehrheit hat, dann werden wir auf Neuwahlen gehen", teilte Partei- und Fraktionschefin Susanne Hennig-Wellsow.

Die Thüringer CDU-Fraktion hatte vorher angekündigt, sich enthalten zu wollen.

Neuwahlen nicht so schnell möglich


Sollte vor dem Antrag auf Neuwahlen, die Ministerpräsidentenwahl stattfinden und Thüringen im Anschluss einen neuen Ministerpräsidenten haben, gibt es zwei Möglichkeiten, die geforderten Neuwahlen durchzuführen:

Möglichkeit 1 wäre eine Abstimmung darüber, das Parlament aufzulösen: Hierfür müssten allerdings erst einmal 30 Abgeordnete des Landtages (1/3 der Abgeordneten) den Antrag mit Kemmerich einbringen. Anschließend müsste die Zwei-Drittel-Mehrheit von 60 der 90 Abgeordneten dem Antrag zustimmen.

Möglichkeit 2 wäre, dass der dann neu gewählte Ministerpräsident die Vertrauensfrage stellt und diese verliert. Innerhalb von drei Monaten müssten dann ein neuer Ministerpräsident gewählt werden. Gelingt das nicht, wäre der Weg für Neuwahlen frei.

Reaktionen aus der Thüringer Politik


Die Spitzen der Thüringer SPD, der Linken und der Grünen hatten am Freitag gefordert, dass Kemmerich bis Sonntag seinen Rücktritt verkündet. Jetzt ist es schon einen Tag eher passiert.
Die Thüringer Politiker reagierten größtenteils mit Zustimmung auf den Schritt Kemmerichs.
Wolfgang Tiefensee, Thüringens SPD-Chef, postete auf Twitter:

 

Ex-Umweltministerin Anja Siegesmund (B90/Die Grünen) zeigte sich auf Twitter ebenfalls zufrieden: 



Linke-Bundesvorsitzender Bernd Riexinger schrieb auf Twitter: „Der #KemmerichRuecktritt ist folgerichtig. Der große politische Flurschaden bleibt. Unverantwortlich und erschreckend, was sich da manche Politiker der #CDU und #FDP geleistet haben. Danke an alle, die politisch wach waren und schnell reagiert haben!“

Die AfD Thüringen äußerte sich öffentlich noch nicht zum Rücktritt Kemmerichs (Stand: 08.02.2020, 16:15 Uhr), veröffentlichte heute aber ein Statement auf ihrer Homepage, in dem sie ihre Sicht auf die Ministerpräsidentenwahl und die Vorgänge seitdem aufgreifen. Unter anderem heißt es: „Ja, wir haben eine taktische Finte genutzt, um Rot-Rot-Grün abwählen zu können. Dies war notwendig, weil eine offene Zusammenarbeit der bürgerlich-konservativen Parteien an den Führungsspitzen von CDU & FDP scheiterte. Uns war allerdings auch bekannt, dass Thomas Kemmerich den dritten Wahlgang nutzen wollte, um Aufmerksamkeit auf seine Person zu ziehen, falls die AfD einen eigenen Kandidaten ins Rennen schickt.“

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