Razzia in Reichsbürgerszene - zwei Festnahmen in Thüringen

Zugriff auch in Thüringen: Die Bundesanwaltschaft hat am Mittwoch 25 Menschen aus der sogenannten Reichsbürgerszene festnehmen lassen. Zwei davon wurden im Saale-Orla-Kreis im Südosten Thüringens festgenommen, wie die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe der Deutschen Presse-Agentur mitteilte.

Rund 3000 Polizeibeamte seien am Mittwochmorgen in elf Bundesländern im Einsatz gewesen, sagte eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft. Die Reichsbürger-Gruppe werde als terroristische Vereinigung betrachtet, sie habe die staatliche Ordnung in Deutschland stürzen und durch eine eigene ersetzen wollen, die in Grundzügen schon ausgearbeitet gewesen sei. Dafür hätten die Verdächtigen auch Tote in Kauf genommen.

22 der Festgenommenen sollen Mitglieder dieser terroristischen Vereinigung sein, zwei davon Rädelsführer. Drei weitere gelten als Unterstützer. Mehr als 130 Objekte wurden durchsucht.

Zu den Verdächtigen gehört auch Heinrich XIII. Prinz Reuß. Der 71-jährige Unternehmer aus Hessen, der ein Jagdschloss in Ostthüringen besitzen soll, steht laut Bundesanwaltschaft im Verdacht, ein Rädelsführer der mutmaßlichen Terrorgruppe gewesen zu sein.

Den Ermittlungen zufolge soll er Vorsitzender des zentralen Gremiums der Gruppe gewesen sein und im Fall des Umsturzes als "zukünftiges Staatsoberhaupt" gegolten haben. Er soll auch versucht haben, Kontakt zu Vertretern der Russischen Föderation aufzunehmen. Der Mann wurde am Vormittag in Frankfurt festgenommen.

Verfassungsschutzpräsident warnt eindringlich


Thüringens Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer warnte angesichts der Razzien vor "gewalttätigen Revolutionsfantasien" der Reichsbürgerszene und der Neuen Rechten. "Die vom Generalbundesanwalt formulierten Vorhaltungen zeigen, dass wir die Reichsbürgerszene sehr ernst nehmen müssen, weil eine nicht zu unterschätzende Gefahr von ihr ausgeht", sagte Kramer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Auch zeigen die Vernetzungen, dass sich gewalttätige Revolutionsfantasien nicht nur auf die Reichsbürgerszene beschränken, sondern auch ganz offensichtlich die Neue Rechte mit einbeziehen."

Nach Einschätzung der Thüringer Linken-Politikerin Katharina König-Preuss zeichneten sich die Umsturzpläne der Reichsbürgerszene schon länger ab. Es sei gut, dass die Gruppierung gestoppt worden sei, bevor sie ihre Pläne habe in die Tat umsetzen können, erklärte die Landtagsabgeordnete und Rechtsextremismus-Expertin in Erfurt.

"Thüringen seit Jahren Rückzugsort für Reichsbürgerstrukturen"


"Dass die Reichsbürgerszene Umsturzplanungen verfolgt, ist nicht neu, vielfach sind solche Bestrebungen wesentlicher Bestandteil der Ideologie", stellte König-Preuss fest. "Thüringen ist seit Jahren ein Rückzugsort für Reichbürgerstrukturen, bei denen sich zuletzt auch neue Treffpunkte verstetigt haben, so etwa in Pfiffelbach bei Weimar." Es sei richtig, dass die Bundesanwaltschaft gegen die Szene vorgehe und nach Hinweisen auf Bewaffnungen aktiv werde. "Hier besteht ein enormes Gefahrenpotenzial, alleine die Thüringer Behörden wissen von 179 scharfen Schusswaffen bei Angehörigen der extrem rechten Szene und Anhängern der Reichsbürgerideologie im Freistaat", fügte König-Preuss hinzu.

Etliche extremistische Straftaten von Reichsbürgern 


«Reichsbürger» sind Menschen, die die Bundesrepublik und ihre demokratischen Strukturen nicht anerkennen. Sie weigern sich oft, Steuern zu zahlen und stehen vielfach im Konflikt mit Behörden. Der Verfassungsschutz rechnet der Szene rund 21.000 Anhänger zu.

Bei etwa fünf Prozent von ihnen, also rund 1150, handelt es sich nach Angaben der Behörde um Rechtsextremisten. Im Jahr 2021 rechnete der Verfassungsschutz der Szene "Reichsbürger und Selbstverwalter" 1011 extremistische Straftaten.

(dpa)

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