Experte: Bewegen uns momentan aus Corona-Pandemie heraus
Ende Dezember 2022 sagte Virologe und Corona-Experte Christian Drosten, dass die Pandemie vorbei ist. Dieser Einschätzung schließt sich Mathias Pletz, Direktor des Instituts für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene am Universitätsklinikum Jena, mit Einschränkungen an: „Ich glaube, Herr Drosten bezieht sich bei dieser Feststellung auf die Beobachtung, dass wir das erste Mal in dieser Pandemie mit Einbruch des Winters – und normalerweise gingen ja immer die Corona-Fälle mit Wintereinbruch nach oben – hier die Fälle nach unten gegangen sind. Das war in der Tat neu. Und wir haben mittlerweile so viele Wellen durchlaufen. Wir haben knapp 80 Prozent der Bevölkerung geimpft. Wir haben also eine Grundimmunität in der Bevölkerung und Corona geht mit Wintereinbruch nach unten. Das hat ihn sicher dazu veranlasst, das zu sagen.“
Außerdem habe die Erfahrung gezeigt, dass die Immunität, die eine Infektion hinterlässt, in der Regel dazu führt, dass Re-Infektionen besser verlaufen.
„Ich glaube tatsächlich, dass wir uns momentan aus der Corona-Pandemie rausbewegen. Aber man kann sich eben nicht 100%ig sicher sein, was in diesem riesigen Populationspool China passiert, ob da noch neue Varianten entstehen.“ (Prof. Dr. Mathias Pletz zum Ende der Corona-Pandemie)
Varianten aus China könnten uns zurückwerfen
Denn die Null-Covid-Strategie, die dort von Anfang an gefahren wurde, scheint sich nun zu rächen. „Das hat vielleicht am Anfang noch gut funktioniert“, erklärt Prof. Dr. Pletz die Fallstricke, „Aber das Virus hat sich ja im Laufe der Pandemie immer weiter optimiert und ist immer besser übertragbar geworden. Die derzeit zirkulierenden Varianten kann man sicher nicht mit einer Null-Covid-Strategie eindämmen.“ Zudem seien die Impfstoffe nicht so gut wie unsere gewesen und die Impfquote sei nicht hoch genug. Diese Faktoren treffen nun auf die neuen, optimierten Varianten. Hier besteht nun wieder die Sorge, dass neue Varianten entstehen können, die zu einem Wiederaufflammen der Pandemie führen können. Die neue Variante sei in Thüringen, so Pletz, aber noch nicht nachgewiesen worden.
Maskenpflicht: Abschaffung JA, aber noch nicht jetzt!
Zur Abschaffung der Maskenpflicht hat Prof. Dr. Pletz eine deutliche Meinung: Abschaffung ja, aber bitte noch nicht jetzt. Das habe aber weniger mit Corona zu tun, als vielmehr mit den anderen Erkältungsviren wie Influenza oder RS. Denn „(…) wir wissen, dass gerade Influenza und auch RSV noch besser durch die Masken zurückgehalten werden, als Coronaviren“, begründet er seine Meinung.
„Ja, die Masken sollten wir loswerden, aber ich würde damit sicherlich noch ein/zwei Wochen warten.“ (Prof. Dr. Mathias Pletz zum Ende der Maskenpflicht)
Dass es wichtig ist die Maskenpflicht abzuschaffen, sehen wir vor allem an den vielen erkrankten Kindern: „Durch das Aufrechterhalten der Maskenpflicht konnten vor allem die Kinder keine Immunität aufbauen. Was wir gesehen haben, im Herbst 2021, dass vor allem die Kinder eine schwere RSV-Welle mitgemacht haben und dass sich diese RSV-Welle jetzt wiederholt, zeigt einfach, dass wir den Austausch mit den Erregern brauchen. Wenn wir das nicht haben, geht’s uns zwar besser, wir haben weniger Erkältungen, aber die Gefahr besteht eben auch, wenn diese Erreger zurückkommen, dass sie das mit großer Macht tun und sich dabei auch gegenseitig verstärken“, erklärt Pletz die Auswirkungen der Maskenpflicht auf Kinder.
Aufgrund der derzeitigen Infektionslage hat nun das Thüringer Gesundheitsministerium verkündet, dass die Infektionsschutz-Maßnahmen zu großen Teilen fallen werden.
Maskenpflicht nur noch im Fernverkehr und medizinischen Einrichtungen
Am 03. Februar 2023 fällt die Maskenpflicht auch in Thüringen. Zuletzt gab es diese Pflicht nur noch im öffentlichen Nahverkehr. Dort fällt die Pflicht nun. Das verkündete Thüringens Gesundheitsministerin Heike Werner am Dienstag, den 10. Januar 2023. Die Opposition gratulierte zu dieser Entscheidung, kritisierte aber auch, dass es bis dahin noch gut drei Wochen dauere. Das Gesundheitsministerium begründete diese Entscheidung auf Anfrage von LandesWelle Thüringen folgendermaßen: „Weil zum einen natürlich die Corona-Verordnung Anfang Februar erneuert werden muss. Und zum anderen haben wir uns mit den anderen ostdeutschen Bundesländern abgestimmt. Und der Zeitpunkt fällt bei allen auf Ende Januar, Anfang Februar, also sind wir im Gleichklang mit den anderen ostdeutschen Bundesländern“, so Silke Fließ, Sprecherin des Thüringer Gesundheitsministeriums.
Zusätzlich sind die Maßnahmen rechtlich kaum noch zu halten und zu begründen: Thüringen ist das Bundesland mit der geringsten Sieben-Tage-Inzidenz. Die Hospitalisierungsrate ist ebenfalls auf niedrigem Niveau stabil.
„In Anbetracht dieser Infektionslage, die wir im Moment haben, wird es für uns natürlich immer schwerer zu sagen, warum wir das aufrecht erhalten wollen.“ (Silke Fließ, Sprecherin des Thüringer Gesundheitsministeriums, zum Wegfall der Corona-Maßnahmen)
Lediglich im Fernverkehr, also beispielsweise in ICE- oder Fernzügen seien Masken noch vorgeschrieben, da hier die Bundes-Corona-Verordnungen gelten. Dies betrifft ebenfalls eine FFP2-Maskenpflicht in Krankenhäusern, Arztpraxen, Pflegeeinrichtungen und anderen medizinischen Versorgungseinrichtungen. In Pflegeeinrichtungen habe das Land zwar schon Erleichterungen für Bewohner und das Personal durchsetzen können. Die grundsätzliche Maskenpflicht, zum Beispiel für Besucher, bleibe aber bestehen, so Fließ. Das Infektionsschutzgesetz des Bundes gilt noch bis zum 07. April 2023.
Isolation wird zu Maskenpflicht für Infizierte
Auch die Isolationspflicht wird Anfang Februar gelockert. Corona-Infizierte müssen sich nicht mehr häuslich absondern, stattdessen besteht ab dann eine generelle Maskenpflicht außerhalb der eigenen vier Wände. „Wer sich positiv testet und Symptome hat, sollte natürlich weiter zum Arzt gehen und sich krank schreiben lassen. Wer aber vielleicht keine Symptome hat und trotzdem positiv getestet ist, der muss auf jeden Fall außerhalb der eigenen Wohnung eine Maske tragen. Der darf auch nicht in medizinischen oder pflegerischen Bereichen für diese Zeit arbeiten. Diese Schutzmaßnahmen gelten dann für mindestens fünf Tage [Anm. der Redaktion: mit Symptomen] und maximal zehn Tage [Anm. der Redaktion: ohne Symptome]“, erklärt Silke Fließ.
Hoffnung auf einen normalen Sommer
Die ersten großen Märkte und Feste für den Sommer werden bereits geplant und stehen fest in den Terminkalendern der Städte und Gemeinden. Auch im Gesundheitsministerium wird gehofft, dass wir den Sommer wieder normal und ohne Einschränkungen genießen können. Silke Fließ:„Das ist natürlich die große Hoffnung, dass die weitgepriesene Herdenimmunität erreicht ist. Dass, selbst wenn neue Mutationen oder Varianten kommen, dass das Immunsystem soweit aufgebaut ist, dass der Körper gut damit umgehen kann.“