Bürgerschaftswahl Hamburg: Hochrechnungen und Thüringer Reaktionen

Bitter – so kann man das Wahlergebnis der Bürgerschaftswahl in Hamburg für die CDU, FDP und AfD zusammenfassen. Grund zum Feiern haben dagegen die SPD und die Grüne.
Das soll zu einem Teil auch an den Ereignissen, die sich hier in Thüringen in den letzten Wochen abgespielt haben, liegen.

Thüringer SPD gratuliert zu „tollem Wahlergebnis“


Die Tendenz, in welche Richtung das Ergebnis dieser Wahl gehen würde, war durch Umfragen schon im Vorherein klar: Die SPD bleibt stark, die Grünen legen zu und die CDU verliert historisch. Entsprechend interpretierten die Parteispitzen und Politiker die ersten Hochrechnungen nach der Wahl.
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil stellte in einer Talkrunde nach den ersten Hochrechnungen klar, dass das gute Ergebnis in Hamburg in erster Linie das Ergebnis einer Landtagswahl sei. Dennoch zahle sich, laut Klingbeil, eine Geschlossenheit und Führung, eine gerade Linie, aus.
Trotz herber Verluste für die Hamburger SPD (-6,6%) bleiben die Sozialdemokraten stärkste Fraktion mit 39%.

Die SPD Thüringen freute sich mit ihren Hamburger Sozialdemokraten über das „tolle Ergebnis“ und stellte weiter fest, dass man die SPD nicht zu früh abschreiben sollte. In einer Pressemitteilunge hieß es weiter: „Offenkundig haben auch die Thüringer Ereignisse eine Auswirkung auf die Wahl gehabt. Die Hamburgerinnen und Hamburger haben den Rechtspopulisten die rote Karte gezeigt und auch der FDP klar gemacht, dass es keinerlei auch indirekte Zusammenarbeit mit dieser Partei geben darf."

Hamburger Grüne verfehlen Wahlziel und gewinnen trotzdem


Die Grünen waren angetreten, um die SPD als stärkste Fraktion abzulösen. Das haben sie nicht geschafft. Dennoch haben sie das zweitstärkste Wahlergebnis überhaupt bei einer Landtagswahl eingefahren und konnten ihren Wert fast verdoppeln: auf 24,2% (+11,9%).
Für Grünen-Chef Robert Habeck ist das ein klares Signal mit Rot-Grün weiterzumachen. „Ansonsten würde ich ganz schön dumm gucken“, sagte Habeck im ZDF.

Auch in Thüringen freuen sich die Grünen Politiker über das gute Abschneiden ihrer Kollegen in der Hansestadt. In einer gemeinsamen Pressemitteilung der Grünen-Landeschefin Ann-Sophie Bohm-Eisenbrandt und dem Landessprecher Bernhard Stengele heißt es: „Die Verdopplung des Wahlergebnisses ist der Lohn für gute Regierungsarbeit und für einen engagierten Wahlkampf mit klarem Kurs und klaren Inhalten - für gutes Klima, eine starke Demokratie und mehr Gerechtigkeit. Das Ergebnis der AfD zeigt, dass Machenschaften auf Kosten der Demokratie von den Wählerinnen und Wählern verurteilt werden.“

Quittung für Thüringen


Die LINKE interpretiert dieses Ergebnis vor allem als eine Quittung für Thüringen für die FDP und CDU. „Die Parteien der Kemmerich-Koalition wurden heute abgestraft. Das ist ein Wahlsieg all jener, die für eine solidarische Gesellschaft einstehen - und das ist gut so!“, schrieb Linken-Chefin Katja Kipping auf Twitter.

Thüringen Linken-Chefin geht in ihrem Pressestatement auch auf die CDU, FDP und AfD ein: „Die schweren Verluste für CDU, FDP und AfD zeigen, wie sehr die Wählerinnen und Wähler den Tabubruch vom 05. Februar auch an der Wahlurne bestrafen.  Der Rausschmiss der AfD und die Zitterpartie der FDP sind eine Folge des fünften Februars. Die Hamburger Bürgerschaftswahl zeigt zudem eine breite Mehrheit jenseits von CDU, FDP und AfD.“

CDU mit schlechtestem Landtagswahlergebnis seit 68 Jahren


„Die Vorgänge in Thüringen haben nicht geholfen“ , so kommentiert CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak das schlechte Abschneiden der Christdemokraten in Hamburg. Die CDU verlor rund ein Drittel ihrer Stimmen und musste das zweitschlechteste Landtagswahlergebnis seit Parteigründung einstecken. Noch schlechter lief es für die CDU nur vor 68 Jahren, 1951, bei der Bürgerschaftswahl in Bremen. Das damalige Ergebnis lag bei 9%.

Von den Verlusten nicht überrascht zeigt sich die Thüringer CDU: Der Thüringer CDU-Generalsekretär Raymond Walk merkte an, dass die schwierige Situation im Freistaat nicht dazu beigetragen hätte, dass die Union besser wahrgenommen wird. Und: Auch nicht jede Wortmeldung aus Berlin sei hilfreich gewesen.

AfD überspringt doch noch die Fünf-Prozent-Hürde


Nach ersten Hochrechnungen sah es noch so aus, als würde es die Alternative für Deutschland nicht ins Parlament schaffen. Die weiteren Hochrechnungen zeigten aber, dass sie es wohl doch über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen. Eine Klatsche ist es dennoch für die AfD: Das erste Mal seit Einzug in ein Landesparlament (Sachsen: 2014) hat die Alternative für Deutschland nicht verbessert, sondern verschlechtert. Von 6,1% (2015) ging’s auf 5,5% runter. Bernd Baumann, parlamentarischer Geschäftsführer der AfD macht in der ARD die Hamburger Besonderheiten für den Wahlausgang verantwortlich: Hamburg sei ein rot-grünes Pflaster. Außerdem sprechen mehrere AfD-Politiker von einer Hetz- und Schmutzkampagne gegen ihre Partei nach der Bluttat von Hanau. – Auch Thüringens AfD-Landessprecher Stefan Möller schließt sich dieser Argumentation an. Einen Zusammenhang mit den Vorkommnissen in Thüringen schließt er dagegen aus.

Wahl-Panne: FDP mit Grünen verwechselt


Auch die FDP hat wohl eine unruhige Nacht hinter sich: Sah es gestern noch so aus, als schaffen es die Liberalen knapp ins Parlament, könnte nun eine Wahlpanne alles ins Wanken bringen. Schuld daran: Eine Verwechslung!

Im Bezirk Langenhorn wurden versehentlich die Stimmen der Grünen den Liberalen zugeteilt, erklärte der zuständige Bezirkswahlleiter Tom Oelrichs. Aufgefallen war die Ungereimtheit, weil die Prozentwerte auffällig waren: Im Bezirk Langenhorn kam die FDP nach der vereinfachten Auszählung auf 22,4%, die Grünen lediglich auf 5,1%. Da im Rest von Hamburg das Ergebnis umgekehrt ausgefallen war, wurde hier noch einmal besonders hingeschaut.

Wie auch schon in Thüringen lag die FDP in Hamburg nur wenige Stimmen über der Fünf-Prozent-Hürde: 121 Stimmen, um genau zu sein. Durch den wahrscheinlichen Auszählungsfehler würden den Liberalen 423 Stimmen gestrichen werden. Das würde das Scheitern an der Hürde bedeuten – und: kein Einzug ins Parlament!

Ob es wirklich so weit kommt, wird die vorgeschriebene zweite Auszählrunde ergeben, die Montagmorgen gestartet ist. Bis zum Abend soll das Ergebnis vorliegen.

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