Im Grunde besteht die Pflicht aber schon seit drei Jahren - damals gab es das sogenannte Stechuhr Urteil vom Europäischen Gerichtshof. Deutschland hat es aber bis jetzt nicht umgesetzt, da man der Meinung war, das Urteil gilt nur für Spanien, wo die Gewerkschaften geklagt hatten.
Grundsatzurteil mit weitreichenden Auswirkungen
Fachleute rechnen damit, dass das BAG-Grundsatzurteil nun weitreichende Auswirkungen auf die bisher in Wirtschaft und Verwaltung tausendfach praktizierten Vertrauensarbeitszeitmodelle bis hin zu mobiler Arbeit und Homeoffice haben wird, weil damit mehr Kontrolle besteht. Nach dem deutschen Arbeitszeitgesetz müssen bisher nur Überstunden und Sonntagsarbeit dokumentiert werden, nicht die gesamte Arbeitszeit. Der Bonner Arbeitsrechtsprofessor Gregor Thüsing nannte die Entscheidung der Bundesarbeitsrichter laut dpa einen Paukenschlag.
Bisher lag der Regierung - auch in Hinblick auf die Arbeitgeber und den hohen bürokratischen Aufwand - sehr am Herzen, die flexiblen Modelle, zum Beispiel mit Vertrauensarbeitszeit, zu erhalten. Ob das jetzt noch mit der Rechtsprechung vereinbar ist, das darf zumindest angezweifelt werden. Auch viele Arbeitnehmer waren in der Vergangenheit nicht begeistert von der Stechuhr, bedeutet sie ja im Endeffekt vollständige Überwachung.
Heißt es jetzt Stechuhr für alle?
Wie die Umsetzung des Urteils im Arbeitsalltag jedes einzelnen auswirkt, ist schwer vorherzusehen, weil es darauf ankommt, ob man Lücken für die Vertrauensmodelle findet. Wenn eine strenge Erfassung geregelt wird, dürften auch Homeoffice und mobile Arbeit nochmal auf den Prüfstand kommen, denn wie will man dort prüfen, ob nur der Computer an ist oder auch ein Mensch davor arbeitet? Auch der Umgang mit Raucherpausen und Co. könnte dann beispielsweise gesetzlich geregelt werden. Für alle, die bisher ungesehen und ohne Ausgleich Überstunden schrubben, dürfte das heute aber ein guter Tag sein. Denn die müssen jetzt zumindest dokumentiert werden - und man hat etwas in der Hand, wenn es zu viel wird.
(red/dpa)