Bundesgesundheitsminister Jens Spahn möchte offenbar noch einen Schritt weiter gehen: Er plant schärfere Einreiseregelungen für Reiserückkehrer: In Zukunft könnten dann alle Rückkehrer verpflichtet sein, einen negativen Coronatest vorzulegen, egal aus welchem Gebiet sie kommen und egal mit welchen Verkehrsmitteln sie gereist sind.
Bisher gilt die Testpflicht für Einreisende aus Hochrisikogebieten, die nicht vollständig geimpft oder genesen sind. Laut einer Sprecherin des Ministeriums laufe die Abstimmung zur Verschärfung der Bedingungen in der Regierung. Vor allem Justizministerin Christine Lambrecht soll sich allerdings gegen Spahns Pläne wehren, denn sie hält die umfassende Testpflicht angeblich nicht für verhältnismäßig.
Reiserückkehrer tragen laut RKI zum Infektionsgeschehen bei
Laut dem Robert-Koch-Institut spielen Reiserückkehrer bei der Verbreitung des Virus zunehmend eine Rolle. So nahm die Zahl der im Ausland infizierten Personen in den letzten Wochen laut dem aktuellen wöchentlichen Lagebericht des RKI deutlich zu. Dort ist zu lesen: „Im Zeitraum MW 25-28/2021 wurde bei 2.402 Personen (bei ca. 10 % aller übermittelten Fälle) eine wahrscheinliche Exposition im Ausland gemeldet. Dies zeigt eine zunehmende Rolle reiseassoziierter Fälle am derzeitigen Infektionsgeschehen.“ (Wöchentlicher Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 (Covid 19) – 22.07.2021, S.8)Infektiologe hält Testpflicht für sinnvoll
Der Jenaer Infektiologe Prof. Dr. Dr. Mathias Pletz vom Uniklinikum Jena findet eine Testpflicht für Reiserückkehrer gut, allerdings mit Einschränkungen: „Ich persönlich finde es sinnvoll, dass sich Reiserückkehrer testen lassen, die aus Hochinzidenzgebieten kommen, die vielleicht auch aus Gebieten kommen, wo es neue Varianten gibt."„Delta per se halte ich nicht mehr für eine Berechtigung, um darauf zu testen. Denn Delta ist in Deutschland angekommen. (Prof. Dr. Dr. Mathias Pletz, Infektiologe, Uniklinikum Jena)“
Wichtig ist nun, laut Pletz, dass keine neuen Varianten mehr nach Deutschland eingeschleppt werden. Deshalb sollte, wenn solche neuen Varianten auftauchen, auch schnell entsprechend gehandelt werden.
Pletz betont allerdings auch: Das Virus wird nicht verschwinden, wie es beispielsweise die Pocken aufgrund der entsprechenden Impfung getan haben: „Was wir erreichen müssen, ist, dass wir alle Menschen, die ein Risiko für einen schweren oder symptomatischen Verlauf haben, dass die geimpft sind. Dann wird es uns auch nicht stören, wenn das Virus weiter in der Bevölkerung zirkuliert. Denn wenn wir nur von asymptomatischen oder leicht symptomatischen Infektionen reden, belasten wir damit weder das Gesundheitssystem, noch gibt es einen Grund irgendwelche Lockdown-Maßnahmen zu verhängen.“
Übertragung bei Geimpften vs. Ungeimpften
Sein Appell lautete deshalb: „Wir brauchen höhere Impfquoten!“ Ein Anreiz dafür könnten auch mehr Freiheiten für Geimpfte sein. Denn, auch wenn Geimpfte das Virus noch bekommen können, unterscheidet sich die Übertragung doch deutlich von der bei Ungeimpften. „Wenn wir zehn Geimpfte haben, die mit dem Virus in Kontakt kommen. Dann werden ein oder vielleicht zwei asymptomatisch infiziert sein. Diese Infizierten haben, wenn man sie testen würde, eine positive PCR, aber die Viruslast erreicht nicht die Konzentration eines Ungeimpften. Und das Virus wird auch nur für einen sehr kurzen Zeitraum ausgeschieden, weil das geimpfte Immunsystem ganz schnell seine Antwort aufbaut und das Virus eliminiert. Und dann gibt es noch einen dritten Punkt: Ein asymptomatisch infizierter Geimpfter hat keinen Hustenstoß und setzt dadurch deutlich weniger Virus frei“, erklärt Prof. Dr. Pletz im LandesWelle Thüringen-Interview.Das Risiko, dass ein Ungeimpfter das Virus weitergibt, ist im Gegensatz dazu deutlich höher. Diese Diskrepanz in der Übertragung rechtfertigt für Pletz, dass Geimpfte mehr Freiheiten haben dürfen.
Am Ende bleibt es aber die Entscheidung jedes Einzelnen, ob er sich impfen lässt oder nicht. Denn eine Impfpflicht wird es vorerst nicht geben.