Nach der Diagnose ist nichts mehr, wie es mal war
Als ich die Nordhauser Zweigstelle des ambulanten Kinderhospizdienstes betrete, erwarten mich zwei freundliche Gesichter sowie Kaffee und Kuchen. Eine warme, aufbauende Atmosphäre, in der ich schnell mit Jeanine über ihre schwere Familiensituation ins Gespräch komme. Ihr Sohn Leopold hat die unheilbare Krankheit GM1. Bildlich und als wäre es gestern gewesen, erzählte Jeanine mir von der Zeit vor der Diagnose.Sie und ihr Mann Marcel hatten sich so auf ihr zweites Kind gefreut. Schnell merkten sie aber, dass Leopold sich viel langsamer entwickelte. Nach vielen Arztbesuchen und der quälenden Unsicherheit wurde ihnen 2020 die Diagnose mitgeteilt.
Ich merke wie Jeanine schlucken muss, Tränen stehen in ihren Augen. Sie ist zurück in dieser Situation, die ihnen die Beine unter dem Boden weggezogen hatte. Erst nach und nach wird ihrem Mann und ihr damals bewusst, dass all ihre Pläne und all ihr Alltag nie wieder kehren wird.
Studie in den USA weckt Hoffnung
Nur eine Studie in den USA gibt ihnen Hoffnung, die Krankheit von Leopold aufzuhalten. Als sie von dieser Zeit des Kampfes anfängt zu erzählen, spüre ich die beeindruckende Kraft dieser Frau. Ihr Mann und sie schaffen es eine Unterstützungsgruppe aufzubauen, die unter anderem eine Website erstellt, wo aktiv um Spenden für Leopold geworben wird. Sie schaffen es 150.000€ zu sammeln und Jeanine fliegt mit Leopold in die USA. Ihren Mann und ihre Tochter Martha wird sie mehrere Monate nicht sehen. Die Untersuchungen und Versuche, die mit Leopold dort gemacht werden, sind teilweise riskant und sehr unangenehm. Jeanine hat meist nur beim Aufräumen Raum für ihre Tränen.
Viele Therapien um die Krankheit zu verlangsamen
All diese schweren Erlebnisse, die Sorge und Angst verschwinden in ihrem Gesicht, wenn sie von Leopold erzählt. Wie er lacht, therapeutisches Reiten macht oder auf dem Bauenrhof unterwegs ist. Er liebt Tiere und Fußball. Er ärgert natürlich auch gern mal seine ältere Schwester, zockt Onlinespiele und sei heute ganz aufgeregt, weil er das erste Mal in der Schule übernachten wird. Jeanine zeigt mir Fotos vom Delfinschwimmen in den USA. Im letzten Jahr war die ganze Familie dort. Leopold hat mit viel Spaß gearbeitet und möchte unbedingt wieder dorthin zurück. Jeanine nennt ihren Sohn einen „kleinen Superhelden“, weil er nie aufgibt, obwohl er unzählige Arztbesuche und Therapien hinter sich hat und sich sein Zustand gerade wieder verschlechtert. Jeanine spricht so lebhaft von ihrem Sohn, dass ich das Gefühl bekomme, ihn auch zu kennen
"Ein kleiner Superheld"
Seine Lebensfreude springt mich direkt an. Und auch wenn ich Jeanines Kämpfe, gerade auch die bürokratischer Art, genau in Erinnerung habe, denke ich zuerst an ihren unvorstellbar großen Willen, ihre Kraft, Leopold Momente als „ganz normales“ Kind zu verschaffen. Nach über 90 Minuten beenden wir unser Gespräch, denn Jeanine muss Leopold von der Schule abholen. Wie sie neben ihrer Arbeit als Kindergärtnerin all die Betreuung und das Familienleben zu bewältigen schafft, bleibt mir ein Rätsel. Natürlich ist da die Unterstützung ihres Mannes und einer Gruppe aus Freunden, der Kinderhospizdienst und ihre Mutter.
Ich bleibe nachdenklich und dankbar zurück. Dankbar für meine eigene unbeschwerte Kindheit und dankbar für all die ehrenamtlichen Familienbegleiter*innen, die Familien wie der von Leopold und Jeanine helfen und ihnen ein Stück Last abnehmen.
Auch Sie können helfen
Das Kinderhospiz Mitteldeutschland und der Thüringer Kinderhospizdienst unterstützen Familien wie die Bergmanns in ihrem Alltag und bei ihren immer neuen Herausforderungen.
Sie können die wertvolle Arbeit des Kinderhospizes und des Hospizdienstes unterstützen - machen Sie jetzt mit beim LandesWelle Weihnachtswunder. Auch kleine Spenden helfen, damit Kinder wie Leopold und seine Familie die Unterstützung bekommen, die sie benötigen.