Anfang April stürzte ein 84-Jähriger mit seinem Rollator auf der Rolltreppe in die Tiefe und erlag wenig später im Krankenhaus seinen Verletzungen. Der Mann hatte nach Aussage seiner Verwandten aufgrund des gesperrten Aufzugs die Rolltreppe benutzen müssen. In der letzten Woche dann der nächste schwere Unfall: eine 80-jährige Frau verliert auf der Rolltreppe die Balance uns stürzt auf ihre gleichaltrige Begleiterin, die dabei so schwer verletzt wird, dass sie ins Krankenhaus muss.
Bald wird zweiter Fahrstuhl am Bahnhof gesperrt
Für Menschen, für die die Rolltreppe von vornherein keine Alternative zum Aufzug darstellt, etwa Rollstuhlfahrer, bleibt nur die Möglichkeit mit Hilfe des Servicepersonals der Bahn oder der Bahnhofsmission auf oder vom Bahnsteig zu kommen. Das bedarf jedoch Zeit und Organisation. Mobilitätseingeschränkte Fahrgäste sollten sich laut Auskunft der Bahn am besten schon vor Fahrtantritt im Internet über die Funktionalität der Aufzüge in den Bahnhöfen informieren und sich an den Mobilitätsservice der Bahn wenden, damit ihre Reise möglichst reibungslos ablaufen kann.
Der Bauzeitraum von mehreren Monaten für die Fahrstuhl-Erneuerung ist laut Auskunft der Bahn unumgänglich - hier summieren sich der Rückbau der alten Anlage, der Einbau der neuen Teile und die anschließenden umfänglichen Sicherheitsprüfungen. Wenn die derzeitigen Arbeiten am Aufzug für Gleis 9/10 planmäßig Ende Mai abgeschlossen werden können, soll auch der Aufzug für die Gleise 3 und 8 in die Kur kommen und muss dementsprechend ebenfalls gesperrt werden.
"Pro Bahn" übt Kritik an langen Bauzeiten
Der Fahrgastverband "Pro Bahn" kritisiert die langen Bauzeiten und die damit einhergehenden Sperrzeiten an Fahrstühlen in Bahnhöfen. Hier sei nicht alles reine Bauzeit, sagt Karl Peter Neumann, Bundespressesprecher des Verbandes im LandesWelle-Interview. "Das liegt auch ein bisschen daran, dass wir auf der einen Seite eine große Vielfalt an unterschiedlichen Fahrstühlen an den Bahnhöfen eingebaut haben, was die Reparatur und die Beschaffung von Ersatzteilen erschwert, auf der anderen Seite ist es bei einem so großen Konzern wieder DB auch etwas umständlich solche Dinge organisatorisch über alle Bereiche dann auch durchzukriegen." Hier sieht Neumann auch die Politik in der Pflicht, Rahmenbedingungen zu schaffen, dass beispielweiser schon optimierter Aufträge ausgeschrieben werden können.
Auch Neumann appelliert an mobilitätseingeschränkte Fahrgäste, unbedingt die Hilfe des Servicepersonals in Anspruch zu nehmen und sich nicht im Zweifel selbst auf der Rolltreppe in Gefahr zu bringen. Dazu braucht es aber eben auch Bahnhofspersonal, das direkt mit der Betreuung Gehbehinderter beauftragt ist und am besten schon am Bahnsteig Hilfe anbietet.
Langfristig Alternativen zum Fahrstuhl schaffen
In Zukunft müsse laut Neumann auch generell darüber nachgedacht werden, wie man attraktive und weitum nutzbare Alternativen zu den Fahrstühlen bieten können. hier sieht er zum Beispiel den Bau von Rampen mit einer 12-Prozentigen Steigung weit vorn. Die sind erst relativ neu in Deutschland erlaubt, hätten sich aber in der Schweiz bereits bewährt. Obwohl die Rampen aufgrund ihrer starken Steigung nicht für Rollstuhlfahrer zugelassen sind, könnten Sie von Menschen mitt Rollatoren, Kinderwägen oder schwerem Gepäck benutzt werden und so die Fahrstühle - so sie denn funktionieren - für die Menschen "freihalten" die sie wirklich benötigen. Derzeit hätten allerdings nur wenige Bahnhöfe die baulichen Voraussetzungen für solche Rampen.