"Traust du dir eh nicht!" - Abenteuer Mutprobe

„Ich wette, du traust dich nicht!“, so fing’s damals in der Kindheit meistens an: die Mutprobe! Einen Regenwurm essen, einen Kaugummi aus dem Laden klauen oder blitzschnell vor einem Auto über die Straße rennen – die Mutproben waren vielfältig und damals schon nicht ohne.

Immer wieder Polizeieinsätze wegen Mutproben

Auch heutzutage haben die Polizeidienststellen regelmäßig mit Fällen von Mutproben zu tun. Vor ein paar Tagen erst löste eine 12-jährige mit Deospray die Brandmelder in Altenburg aus. Und auch die Bundespolizei in Erfurt ist immer wieder im Einsatz. Die Aufgabe der Jugendlichen an der Bahnstrecke ist oft: Wie schnell oder wie kurz komme ich noch vor einem Zug über die Gleise?

Die Konsequenzen bedenken die Jugendlichen dann oft nicht. Frank Winkler von der Bundespolizei Erfurt hat im LandesWelle Thüringen-Interview verraten, was folgt, wenn die Jugendlichen gefasst werden: „Sofern sich die Auswirkungen auf den Bahnverkehr in Grenzen halten, müssen wir ‚lediglich‘ die Gefahr beseitigen. Und dann natürlich die Belehrung, die wir durchführen müssen und dann werden die Kinder an die Eltern übergeben. Wenn zusätzlich Schäden eintreten, also wenn die Bahn den Betrieb einstellen muss oder Sachbeschädigungen dadurch entstanden sind, stehen natürlich auch strafrechtliche Konsequenzen im Raum.“

Mutproben gehören zur Entwicklung dazu

Dass solche Aktionen von Kindern und Jugendlichen nichts Neues sind, ist bekannt. Mutproben gehören zum Erwachsenwerden dazu. Sagt auch Dr. med. Ekkehart Englert, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychologie am Helios-Klinikum Erfurt: „Letztlich sind solche Mutproben immer wieder Sachen, die zum Erwachsenwerden dazugehören, […] wo’s darum geht: ‚Ich bin nicht mehr klein und schutzbedürftig, ich hänge nicht mehr der Mama am Rockzipfel, ich bin schon groß und stark, ich kann was und ich kann über meinen Schatten springen.“  
„Das sind Initiationsriten, die es in der Menschheitsgeschichte schon immer gibt.“
Wichtig ist dabei vor allem: das Ansehen in der Gruppe, das über das Erfüllen der Mutprobe gesteigert wird. Die Dynamik, die von einer solchen Gruppe ausgeht, sollte dabei auch nicht unterschätzt werden: je mehr Menschen in diese Gruppe dazukommen, umso höher ist die ‚Gefahr‘, das jemand besser ist als der Jugendliche, an dem er sich dann messen muss. So können sich immer gefährlichere Mutproben entwicklen.

Geschlecht spielt keine Rolle

Meistens gehen wir intuitiv davon aus, dass Jungs eher zu Mutproben neigen. Das stimmt so aber nicht, meint Dr. Englert: „Jungs machen das meistens auf eine andere Art, die etwas spektakulärer ist und aggressiver ist und unter Umständen auch noch gefährlicher ausgehen kann. Mädchen machen das eher auf eine soziale Art und Weise mit Dingen, die auch viel weniger in der Öffentlichkeit auffallen.“

Besonders „anfällig“ für Mutproben sind Kinder und Jugendliche, die Selbstwertprobleme haben oder die das Gefühl haben, zu Hause zu sehr behütet zu werden. Und es sind natürlich auch viele Jugendliche, die viel auf der Straße unterwegs sind und sich ihren Eltern nur schwach verbunden fühlen, so Dr. Englert weiter.

Mutproben – das können Eltern tun

Mutproben sind wichtig fürs Erwachsenwerden. Kinder und Jugendliche testen sich aus: „Wo ist meine Angstschwelle? Wie weit traue ich mich zu gehen?“ Als Elternteil können sie nur eins tun: reden Sie mit Ihrem Kind, auch wenn’s manchmal schwer ist. Dr. Englert rät:

„Wichtig ist, dass man die emotionale Bedürftigkeit versteht, also da geht’s nicht um rationale Abwägungen, sondern da geht’s ganz viel um Emotionen und das Gefühl anerkannt zu sein, um das Selbstwertgefühl. Wo man dann auch schon eine Ebene findet, wo man sagt: ‚Wir nehmen das ernst, wir verstehen das, aber es ist wichtig, dass wir Bescheid wissen.‘ Sodass Eltern auch die Notbremse ziehen können.“

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