Technomusik statt Orgel
Normalerweise erklingt in der Predigerkirche in Erfurt Kirchenmusik von der Orgel. Am Samstag werden ganz andere Klänge weithin zu hören sein, denn dann sind junge Menschen zum Tanzen und Feiern eingeladen: beim ersten Kirchenrave „Rave like a god“. „Mich reizt es Gegensätze zusammenzubringen, die vielleicht auch gar keine Gegensätze sind. Viele Menschen verbinden Kirche mit: man muss still sitzen, man muss leise sein, man darf bloß nichts falsch machen. Dabei sollte Kirche da viel freundlicher sein. Deshalb dachte ich, warum so eine Veranstaltung nicht auch mal in der Kirche ausprobieren?“, erklärt Vikarin Anne Heisig die Idee zur Veranstaltung.
„Kirche und tanzen – warum muss das immer ein Gegensatz sein?“ (Vikarin Anne Heisig über ihre Motivation, den Kirchenrave ins Leben zu rufen.)
Im Rahmen ihrer Ausbildung zur Pfarrerin soll sie sich auch Projekte für die Gemeinde ausdenken. Der Kirchenrave ist ihr Projekt.
Aus der Kirche wird eine Tanzfläche
16 Uhr startet die Tanzveranstaltung, bei der es neben drei DJs auch eine Bar in der Kirche geben wird. Der frühe Start ist bewusst gewählt, weil die Veranstaltung nur bis 22 Uhr gehe, um die Nachbarschaft nicht mit Lärm zu stören. Wer danach noch weiterfeiern möchte, kann das im Kalif Storch tun. Diese Location unterstützt Anne Heisig und die Gemeinde bei ihrer Veranstaltung.
Um aus der Kirche eine Tanzfläche zu machen, werden die Bänke zur Seite gestellt. Diese schützen dadurch auch die historischen Grabplatten. Für die richtige Club-Atmosphäre soll eine LED-Wand mit Animationen sorgen. Auf christliche Elemente wie Gebete werde bewusst verzichtet, so Heisig. Eine Möglichkeit zur Einkehr gebe es trotzdem: „Wir haben eine kleine Ecke eingerichtet, so eine Art Schwarzlichtkabinett, wo wir den Menschen die Gelegenheit geben wollen, noch ein bisschen tiefer beispielsweise über bestimmte Lebensfragen nachzudenken. Da haben wir eine UV-Licht-Wand und kann mit Schwarzlichtstiften an die Wand schreiben, zum Beispiel was man sich für diese Welt wünscht.“ Der Abend ist nicht als Techno-Gottesdienst zu verstehen, sondern soll sich auch an die richten, die sonst nicht in die Kirche gehen, oder diese nicht mit positiven Gefühlen assoziieren: „Die Berührungsangst ist bei vielen Menschen mit der Kirche ganz groß. Viele haben ein schlechtes Bild von Kirche, auch aufgrund schlechter Sachen, die in der Kirche passiert sind. Ich möchte zeigen, dass das eben nicht alles ist. Ich möchte den Leuten eine positive Erfahrung mit Kirche geben.“
„Wenn jemand später mal an der Kirche langläuft und denkt: ‚Hier war mal eine coole Raveparty. Da war ich dabei!‘ Dann ist da schon ganz viel gewonnen!“ (Vikarin Anne Heisig möchte die Gefühle zur Kirche positiv verändern)
Mit der Veranstaltung wird auch etwas Gutes getan
Der Eintritt ist nur über die Abendkasse möglich und kostet 10 Euro. Neben dem Eintrittspreis sollen die Gäste auch Lebensmittel als Spende für die Erfurter Tafel mitbringen. „Eine Tüte Nudeln, Reis oder Konserven oder alles, das sich länger hält. Das war uns wichtig, dass wir eine Komponente reinkriegen, dass es nicht nur um Spaß geht, sondern wir auch gleichzeitig eine gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen, weil es nicht allen Menschen gerade gut geht.“
Einen Wunsch hat Anne Heisig noch an die Besucher des Kirchenraves: „Dass die Leute, die kommen, Respekt mitbringen vor der Kirche. Das ist ja schon ein großer Schritt für die Gemeinde, die Menschen in dieses uralte Haus einzuladen.“
„Da wünsche ich mir einfach, dass man dem Gebäude gegenüber Respekt gegenüberbringt, aber auch den anderen Menschen, die dort hinkommen. Damit es einfach für alle ein schöner Abend wird.“ (Vikarin Anne Heisig von der Predigergemeinde Erfurt)