So kommen die meisten zum ersten Mal in Kontakt mit Multi-Level-Marketing (MLM) oder Network-Marketing, einem Geschäftsmodell bei dem Unternehmen Partner engagieren, die zum einen die Produkte an Freunde, Familie und Bekannte verkaufen und sich zum anderen ein Team aus weiteren Partnern aufbauen, um an deren Verkäufen mitzuverdienen.
Großteil der Partner verdient fast nichts
Mit zunehmender Popularität der sozialen Medien, spätestens aber seit den Corona-Jahren haben MLMs in Deutschland einen wachsenden Zulauf. Unumstritten sind sie dabei nicht, denn kaum eines der großen Versprechen, mit denen die Vertriebspartner bei Facebook, Instagram und Co. werben, kann in der Realität eingehalten werden. Allen voran das Versprechen eines regelmäßigen, nennenswerten Einkommens. Zwar fehlen für Deutschland belastbare Zahlen, da Firmen hier nicht rechtlich belangt sind, die Einkommensverteilung offen zu legen, eine repräsentative Studie für die USA (Deliema et al von 2018) zeigt allerdings ernüchternde Zahlen.
Beinahe die Hälfte aller Mitglieder hatten in den USA mehr investiert als sie verdient haben. Circa ein Viertel erreicht eine schwarze Null. Und nur 12,2 % verdienten während ihrer gesamten, meist mehrjährigen Mitgliedschaft mehr als insgesamt 5.000 US-Dollar.
Wer verdienen will, sollte rekrutieren
Auch wenn die Produktpalette der MLM-Firmen groß ist - von Abnehm-Shakes und Nahrungsergänzung über Duft-Öle bis zu Aktienpaketen und vielen weiterem - wird schnell klar, dass sich allein mit dem Vertrieb der Waren kaum Geld machen lässt. Wer verdienen will, muss rekrutieren, oder "sich sein Team aufbauen", wie es im MLM-Sprech heißt. Je mehr Vertriebspartner man unter sich hat, in der sogenannten Downline, und je mehr Partner diese wiederum rekrutieren, desto mehr Geld fließt nach oben. Denn auch wer mal keine Abnehmer für Shakes und Co. findet, muss in einem Großteil der Firmen ein Mindestvolumen an Produkten auf die eine oder andere Art abnehmen und selbst bezahlen.
Jurist: "Abgrenzung zum Schneeballsystem oft nicht leicht"
Da fragt sich manch einer zu Recht, wo da noch die Unterschiede zu in Deutschland verbotenen Pyramiden- oder Schneeballsystemen liegen. "Man nutzt hier das Multi-Level-Marketing um eine Ware anzubieten durch die Leute und diese zu bewerben, beim Schneeballsystem sollen dagegen Personen überwiegend Geld einbezahlen um sich beteiligen zu können", erklärt Ralf Reichertz, Chefjurist der Verbraucherzentrale Thüringen. Die Übergänge dabei sind laut dem Juristen sehr fließend. "Man muss sich auch bewusst machen, manchmal ist es erst so richtig klar, ob es sich um Multi-Level-Marketing oder ein Schneeballsystem handelt, wenn man einen Gerichtsentscheid hat. Tatsächlich ist die Abgrenzung oft gar nicht so leicht herauszufinden, ob wir uns noch im legalen Bereich befinden, oder schon im Schneeball-Bereich."
Verbraucherzentrale: Vorsicht bei Nahrungsergänzungsmitteln
Insbesondere bei Nahrungsergänzungsmitteln sieht die Verbraucherzentrale das MLM-Vertriebssystem besonders kritisch. So heißt es dazu auf der Website der Verbraucherschützer: "Die Verkäufer:innen sind oftmals Laien und nicht unabhängig in ihren Botschaften. Werbeaussagen und Empfehlungen zur Einnahme, die die selbständig tätige Verkaufskraft im Verkaufsgespräch mündlich trifft, sind schlecht auf ihren Wahrheitsgehalt und ihre Zulassung von den zuständigen Behörden überprüfbar. Gerade in dieser Vertriebsform wird immer wieder von unzulässigen krankheitsbezogenen Aussagen berichtet. Die Verbraucherzentralen halten insbesondere den Direktvertrieb im Freundes-, Verwandten- oder Kollegenkreis für problematisch, denn er lässt nur schwer eine rationale Überlegung zur Notwendigkeit derartiger Produkte zu."
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