Grundschulklassen werden aufgelöst und verteilt

Die Winterferien in Thüringen sind zu Ende, tausende Schüler kehren auf die Schulflure zurück und erzählen sich in den Klassen von ihren Ferienerlebnissen. In den Grundschulen in Schmalkalden und Floh-Seligenthal wird die Stimmung heute nicht so ausgelassen sein: Hier werden Klassenverbände auseinandergerissen. Grundschulklassen werden aufgelöst und umverteilt. Grund: das altbekannte Problem „Lehrermangel“.

In einem Gespräch mit LandesWelle Thüringen schildert die Mutter eines betroffenen Grundschülers aus Floh-Seligenthal die Situation: Weil an einer benachbarten Grundschule Lehrermangel herrscht, müssen Lehrer der Grundschulen Schmalkalden und Floh-Seligenthal herhalten und wechseln. In Floh-Seligenthal werden aus vier Grundschulklassen drei.

„… Angst, dass einige Schüler untergehen.“

Die Eltern sind besorgt. Bedenken sind, „dass das Lernen für die Kinder schwerer fällt. Sie müssen sich ja alle wieder neu zusammenfinden […], neue Kontakte knüpfen, sich wieder reinfinden. Die bestehenden Klassenlehrer müssen sich auf die neuen Schüler mit einstellen. Und da haben wir die Angst, dass einige Schüler untergehen.“

Doch das ist nicht das einzige Problem: Die Klassenlehrerin ihres Sohnes ist zugleich auch die einzige Vertrauens- und Religionslehrerin, die der Schule nun entrissen wird. Und: Die neue Situation könnte ungewohnt stressig für die Kinder sein: „Die müssen in einen neuen Raum gehen, das ganze Kuddelmuddel, das wird stressig für die Kinder. Die werden das nicht einfach so hinnehmen und runterschlucken. Ich denke mal, die nächsten Wochen werden einige Kinder Probleme haben."

Info, dass die Klasse aufgeteilt wird, kam sehr spät

Ein weiterer Punkt, der den Eltern sauer aufstößt: Die offizielle Info, dass die Klasse ihrer Kinder aufgeteilt wird, kam erst am Freitag vor den Ferien. Inoffiziell hatten sie durch die Elternsprecher, die bereits zwei Tage vorher, am Mittwoch (05.02.2020) in einem Gespräch mit der Schulleitung davon erfuhren, die Information bereits erhalten.

Wunsch ans Ministerium

Die Eltern haben einen offenen Brief ans Thüringer Bildungsministerium geschrieben, den dieses gerade bearbeitet. Sie wünschen sich, dass gemerkt wird, dass die Eltern nicht alles hinnehmen. Und dass das Ministerium schnellstmöglich Lösungen findet, aus dem Dilemma des Lehrermangels herauszukommen.

Dass das nicht so einfach ist, erklärt Staatssekretärin Gabi Ohler im LandesWelle Thüringen-Interview. Das Grundproblem ist auch hier schon lange klar: Es finden sich keine Bewerber. Die Frage nach dem „Warum“ beantwortet Ohler mit einer einfachen Rechnung: „Es gibt insgesamt zu wenig junge Menschen. Es gibt ja diese Zahl, dass auf 100 aus dem Arbeitsleben ausscheidende nur 45 junge Menschen kommen. Das heißt, die Konkurrenz der Berufe untereinander ist sehr groß.“ So sind ausgebildete Mathematiker oder Physiker auch für Berufsbilder abseits des Lehrers interessant.

Maßnahmen laufen – die Situation bleibt aber weiter angespannt

Um neue Lehrer für Thüringen zu gewinnen, gibt es natürlich mehrere Maßnahmen: Das Bewerbungsverfahren wird ab dem Sommer beispielsweise digitalisiert, es wird wieder mehr verbeamtet – oder auch die Vergütung für Realschullehrer wurde verbessert.
Unter der Oberfläche laufen weitere Maßnahmen: „Wenn’s überhaupt nicht anders geht, müssen auch Klassen zusammengelegt werden, damit andernorts oder sogar in der Schule keine Klasse ohne Klassenlehrer da steht. […] Und wenn Klassen zusammengelegt werden müssen und die dann besonders groß sind, geben wir eine Horterzieherin mit rein. Die hat eine 100%-Stelle."

In einer regulären Erhebung zum Unterrichtsausfall im Herbst, lag der Ausfall bei 5,2%. Bei einer Stichprobenerhebung im November lag er schon bei 7%. Das ist in dieser Zeit aber relativ normal, da die Zeit der Grippe-Saison im Herbst beginnt.
Auch die Langzeiterkrankten sorgen für Planungsprobleme: von den rund 20.000-21.000 Lehrern im Freistaat sind über 900 über einen längeren Zeitraum krank, so die Zahlen des Ministeriums.

Staatssekretärin wirbt für Verständnis

Gabi Ohler hat Verständnis für die aufgebrachten Eltern: „Eltern sind ja in erster Linie ihren eigenen Kindern verpflichtet. Das ist ja naheliegend, dass die das nicht schön finden, wenn ihre eigenen Kinder, Veränderungen erfahren müssen.“ Trotzdem wirbt sie bei den Eltern für Verständnis für die Situation: „Ich würde die Eltern darin ermuntern, zum einen, ihren Kinder ein bisschen was zuzutrauen. Ich glaube, die schaffen das auch, sich in einem neuen Klassenverband zurecht zu finden. Und ein bisschen Verständnis dafür aufzubringen, dass die Kinder der anderen Eltern auch das Recht haben, beschult zu werden und eine Lehrerin zu haben.“

Die Situation an den Grundschulen im Landkreis Schmalkalden-Meiningen ist auch am Donnerstag, 20.02.2020, Thema im Bildungsausschuss.

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