Die Diskussion kochte schnell hoch. Während beispielsweise die Thüringer Sportmediziner und auch die Landesschülervertretung eine Änderung der Benotung befürworteten, schoss zum Beispiel der Thüringer Sportlehrerverband scharf gegen die Idee.
Diskussion weiter vorangeschritten
Mittlerweile sei man in der Diskussion etwas weiter und bewege sich auf einen Mittelweg zu berichtet Thüringens Bildungsminister Helmut Holter gegenüber LandesWelle Thüringen. "Es geht jetzt darum, dass Sport betrieben wird, dass die Kinder in Bewegung kommen - dass auch Musik und Kunst zu den gewünschten Fächern dazugehören - und daraus hat sich jetzt die Diskussion ergeben, was jetzt eigentlich in den betreffenden Fächern zensiert wird und was nicht mehr zensiert werden sollten."
Es solle in Zukunft laut Holter auch darum gehen, demütigende und beschämende Momente für die Schüler auszuschließen. Das hieße zum Beispiel, dass im Sport nicht nach starren Leistungstabellen benotet wird und ein Schüler nicht per se eine 5 kassiert, wenn beispielsweise das Klettern an der Stange nicht klappt. Im gleichen Zug heißt es aber auch nicht mehr, die Benotung komplett abzuschaffen, sondern die Rahmenbedingungen zu ändern.
Noten sollen bleiben - Benotung soll fairer werden
"Da müssen wir noch ganz konkret mit den Fachverbänden der Musik, der Kunst- und der Sportlehrer weiter diskutieren. Mir geht es wirklich darum darum, dass das zum Geist an unseren Schulen gehört, damit sich unsere Schüler musisch, künstlerisch und sportlich gut betätigen können und nicht demotiviert werden, weil sie erwarten müssen, eine schlechte Zensur zu bekommen", verdeutlich der Bildungsminister.
Dass es bei der Benotung mancherorts gerechter zugehen müsste, bestätigt auch Steffi Grießke, sie unterrichtet Sport an einer Jenaer Regelschule. "Mein Lieblingsbeispiel ist da immer der Hochsprung. Wenn ich einen Achtklässler habe, der 1,50 Meter groß ist, der kann von den körperlichen Voraussetzungen nicht genauso hoch springen, wie ein gleich fitter Schüler, der 1, 80 Meter groß ist. Da gibt's zum Beispiel Möglichkeiten, dass man die Größe mit einberechnen würde bei der Benotung - das ist aber nur eine von vielen Möglichkeiten", sagt die Lehrerin. "Eine andere Möglichkeit wäre zum Beispiel Streichergebnisse zu produzieren. Das heißt, der Schüler sucht sich aus mehreren Disziplinen die zur Benotung aus, in denen er gute ist. Wichtig ist aber, dass ALLE Disziplinen mit geübt werden."
Notenreform braucht Zeit
Auch Grießke unterstützt Holters Position, dass beim Sportunterricht das oberste Ziel ist, dass man die Schüler in die Lage versetzt ein gesundes Leben zu führen und dazu ihre Lieblingssportart zu entdecken.
Dennoch mahnt die Lehrerin, dass so eine Umfassende Reform, die ja dann eben nicht nur den Sportunterricht betreffen würde nicht übers Knie gebrochen werden kann: "Ich persönlich bin der Meinung , dass sowas Jahre, wenn nicht Jahrzehnte braucht, bis die Schüler auch darauf eingestellt sind. Bisher kennen sie ja nur, dass ihnen der Lernstoff 'eingetrichtert' und dann bei einer Leistungskontrolle abgefragt wird. In anderen Ländern, wie zum Beispiel Schweden, ist das seit vielen Jahren schon anders und da funktioniert das auch - aber bis wir da sind, wird es eine langsame Übergangsphase brauchen."
Dass ein Unterricht komplett ohne Noten nur bedingt funktioniert, erlebt Grießke beispielsweise im Fach "Medienkunde". "Wenn ich als Schüler gerade zwei Stunden Mathe, zwei Stunden Deutsch und noch eine Stunde Chemie hintendran hatte und DANN habe ich ein Fach in dem es keine Noten gibt - werde ich mich da hinsetzen und wirklich zuhören und mitmachen? Nope! Es braucht irgendeinen Anreiz und eine Motivation in der Übergangszeit, und die wird lange dauern."